Chronik

Neresheimer Fasnachtsgeschichte

Aus vergangenen Jahrhunderten

Das Klosterstädtchen am Fuße des Ulrichsberges hat eine sehr lange Fasnachtstradition. Die folgende Übersicht gibt einen kurzen Einblick in das vielfältige und über Jahrhunderte gewachsene Brauchtum in der katholischen Amtsstadt.

Für diejenigen, die mehr wissen wollen, gibt es am Ende der Übersicht ein paar Tipps.

1571: Eine Landordnung aus dem protestantischen Teil der Grafschaft Oettingen verbietet das Fasnachtstreiben. Die Ämter der evangelischen Grafen von Oettingen reichten bis die Grenzen des katholischen oettingen-wallersteinischen Amtes Neresheim. Das heißt, dass dort die Fasnacht nicht verboten war und begangen wurde.

1658:  Ein Strafprotokoll der oettingen-wallersteinischen Landesherrschaft berichtet über eine Auseinandersetzung auf einer Tanzveranstaltung am Fasnachtssonntag: Dort heißt es: „Franz Nägele von Nereßheim ledig standts, hat umb vaßnachts Sonntagabendts in Paul Haffners prauen Hauß bey ainer Zech worbey auch die Spilleith gewesen, Geörgen Keüff Zimmergesellen welcher auch mit in der Zech gewesen, under wehrenden Danzen, ohne alle gegebene Ursach, doch in ganz toller weiß ins Angesicht geschlagen…“  Dieser Bericht ist der bislang erste bekannte schriftliche Beleg über eine Fasnachtsveranstaltung in der Stadt Neresheim.

1773: Ein Edikt der Wallersteiner Landesherrschaft vom 18. Oktober regelt die närrischen Umtriebe in der Landschaft Neresheim. Die Verordnung nahm ein erst 3 Monate altes Verbot zurück und duldete wieder Tänze am Fasnachtssonntag gegen Einholung einer Erlaubnis durch den jeweiligen Wirt.

Im 19. Jahrhundert ist man zur Fasnacht „maschkra ganga“ und hat Spott- oder Liedverse in den Wirtschaften und Privathäusern zum Besten gegeben. Dafür erhielt man eine kleine, wohl meistens „flüssige“ Gabe. Höhepunkt des närrischen Treibens in Neresheim war die Zeit zwischen Fasnachtssonntag und Dienstag. Auch die Kinder hatten ihren Spaß. Sie gingen „Schnurren„, was aber oft in Bettelei ausartete und deshalb zeitweise verboten wurde.

Ab der Mitte des 19. Jh. sind zahlreiche Einladungen zu Faschingsveranstaltungen überliefert.

Das Casino


Werbung im Bote vom Härtsfeld 1852

Bei der Organisation solcher Aktivitäten tat sich die um Spätjahr 1850 gegründete Museumsgesellschaft besonders hervor. Aus ihr entwickelte sich zur selben Zeit das „Casino“ mit einem „Comite“ von 3 Personen als Hauptverantwortliche. Aufgabe des Casinos war die Organisation von Tanz- und anderen geselligen Veranstaltungen.

 

1912: Ein altes Foto zeigt den Faschingsprinzen inmitten der Narrenschar. Ein Vorläufer des Blätzles-Häs ist ebenfalls zu erkennen. Die Neresheiemr Narren veranstalten ein Schubkarrenrennen.


Faschingsgesellschaft 1912


Neubeginn nach den Kriegszeiten

1949: Dem Prinzen wird eine Prinzessin an die Seite gestellt. Zusammen mit dem Präsidenten Anton Rau,  Elferrat, dem Oberbürgermeisterpaar „Kalkwerk-Maier mit Ida der Vollkommenen von der Post„, Pagen und Hofdamen war der Hofstaat komplett.

Erstmals erschien das Narrenblatt „Nordlicht„, das später u.a. auch „Narrenbote-Einzig funktionierendes Organ von Narretheim“ genannt wurde.


Hofstaat mit Gardemädchen 1950

11.11.1961: Gründung der Narrenzunft; erster Präsident Hermann Rau. Die Tradition des Hofstaates, der Maschker, Spottverse und Bälle wurde von der NZN als organisiertem Verein übernommen. Seitdem entwickelte sich ein buntes Spektrum an Fasnachtsaktivitäten, das von Elementen des rheinischen Karnevals bis hin zur alamannischen Fasnet reicht. So wurden nach und nach aus Einzelfiguren die Maskengruppen der Bennenbergweibla und Schellennarren. Gardemädchen, Blätzle und Guggamusik vervollständigen das närrische Kaleidoskop.

Beginnend mit dem Hofball organisiert die NZN während der fünften Jahreszeit zahlreiche Bälle und Veranstaltungen wie Narrenbaumstellen, Hexengericht und die Bürgermeisterabsetzung. In regelmäßigen Abständen treffen sich Narren aus ganz Süddeutschland und der Schweiz in Härtsfeldstädtchen. Alljährlicher Höhepunkt der Neresheimer Fasnacht ist freilich der Umzug am Faschingsdienstag mit anschließendem Kehraus und die Beerdigung der Fasnacht um Mitternacht in der Marktstraße.Zur Neresheimer Fasnacht tragen neben der NZN zahlreiche weitere Vereine und Gruppierungen bei. 1986 entstand im Ortsteil Kösingen der Verein der Faschingsfreunde, der die schon lange bestehenden Aktivitäten bündelte. Auch in Kösingen verbindet man die unterschiedlichen Strömungen des Karnevals und der Fasnet. Neben Elfern, Guggen und Garden bilden Masken des örtlichen Sagen- und Legendenschatzes die Grundlage für die Figuren.


Feuerhexe beim Hexengericht

Seit 1989 bereichern die Härtsfeldnarren die Neresheimer Fasnacht mit zwei Masken. Sie haben sich ausschließlich dem alamannischen Brauchtum zugewandt.
In den Ortsteilen Neresheims werden in der fünften Jahreszeit von den Vereinen ebenfalls zahlreiche Bälle veranstaltet, die das Brauchtum in der Gesamtgemeinde eindrucksvoll dokumentieren.


Fasnachtstube Härtsfeldmuseum

Neben dem Besuch der Veranstaltungen lohnt sich auch ein Blick in die im Ostalbkreis einzigartige Narrenstube im Härtsfeldmuseum Neresheim.

Bild- und Quellennachweise:

Stadtarchiv Neresheim, Bote vom Härtsfeld und Mediensammlung
Fürstlich Oettingen-Wallersteinisches Archiv Harburg

Literatur:

Fedyna, Holger, Kleine Geschichte der Neresheimer Fasnacht, in: Festschrift zum 40-jährigen Vereinsjubiläum der Narrenzunft Neresheim, o.O. 2001, S. 17-23
Fedyna, Holger, Neresheim wie es singt und lacht. Die Perle des Härtsfeldes und die Narretei, in: Ostalb-Einhorn. Vierteljahreshefte für Heimat und Kultur im Ostalbkreis, H. 139, 2008, S. 171-176